Die Rolle der NGOs in der ländlichen Entwicklung in Bangladesch

I.         Einleitung

In der ländlichen Entwicklung in Bangladesch ist zunächst die Rolle der Regierungsorganisationen (GOs) und die der Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) abzugrenzen, obwohl sie in der Praxis in den meisten Fällen zumindest „offiziell“ als zusammenarbeiten. Diese Arbeit ist nun ein Versuch, anhand eines Fallbeispiels die Rolle der NGOs in der ländlichen Entwicklung in Bangladesch zu untersuchen.

Die Vorgehensweise der Untersuchung wurde in fünf Kapitel gegliedert. Nach den einleitenden Bemerkungen werden im Kapitel II die Rahmenbedingungen Bangladeschs kurz vorgestellt, um eine grundlegende Orientierung zu schaffen, in welcher sozio-ökonomischen Situation sich die gesamte Arbeit bewegt.

Das Kapitel III liefert allgemeine Information über die NGOs in Bangladesch.

Anhand eines Fallbeispiels wird in Kapitel IV versucht, die Ziele und Konzepte sowie deren Durchsetzungsstrategien einer NGO in Bangladesch zu analysieren. Von dieser Analyse ausgehend kann festgestellt werden, welche Beiträge die NGOs in Bangladesch leisten können, um eine Veränderung in der ländliche Entwicklung zu fördern.

Das Kapitel V der Arbeit soll dazu dienen, die Rolle der NGOs in der ländlichen Entwicklung abschließend zu bewerten. Es sollen die pro und kontra Argumente kurz dargestellt und mögliche Ansätze der NGO Aktivitäten in der bengalischen Gesellschaft zur Veränderung der sozio-ökonomische Bedingungen aufgezeigt werden.

II.        Rahmenbedingungen

1.       Sozio-ökonomische Bedingungen

1.1.    Historischer Hintergrund

Seitdem die Engländer nach einer fast 200-jährigen Kolonialherrschaft 1947 den indischen Subkontinent verlassen haben, gehörte das heutige Bangladesch (Ost Pakistan) zu Pakistan (West Pakistan). Die pakistanische Regierung hatte keine ernsthaften Versuche unternommen, Entwicklungsstrategien für Ost Pakistan zu realisieren. Ost Pakistan (Bangladesch) stand somit im Schatten der (West-) pakistanischen Wirtschaftspolitik. Die Bedeutung der ländlichen Entwicklung wurde erst nach der Unabhängigkeit 1971 im ersten Fünfjahresplan erkannt.

1.2.    Gegenwärtige Situation

Nach der Unabhängigkeit von Bangladesch im Jahre 1971, wurde eine sozialistisch-orientierte Industrialisierungspolitik verfolgt. Erst 1979 wurden erste Schritte in Richtung einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik gegangen. Aber aufgrund verschiedener innenpolitischer und wirtschaftlicher Interessengruppen hat Bangladesch immer noch nicht eine rein marktwirtschaftlich-orientierte Wirtschaftspolitik in die Tat umsetzen können. In den letzten Jahren ist jedoch ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Unter anderem haben die hohe Bevölkerungswachstumsrate (2,03%)[1], Naturkatastrophen und eine kurzsichtige Politik die Entwicklung gebremst. Das rasante Bevölkerungswachstum ist offiziell zum größten Nationalproblem deklariert worden. Das Problem wird recht ernst genommen, und dessen Bekämpfungsmaßnahmen werden als eine der wichtigsten Aufgaben der Nation behandelt.

Aber solange alle anderen erforderlichen Voraussetzungen z.B. die Ausbildungssituation, die wirtschaftliche Situation und vor allem die politischen Rahmenbedingungen etc. zur Entwicklung nicht erfüllt sind, hilft die Eindämmung der Bevölkerungswachtumsrate allein nur wenig.

Abbildung 1:               Bevölkerungswachstum in den letzten 100 Jahren[2]

Die Bevölkerungsverteilung in Bangladesch zwischen Städten und Dörfern ist sehr ungleichmäßig. Nur 20% der Bevölkerung wohnen in den Städten, der restliche Teil auf dem Dorf oder dorfähnlichen Gebieten. Die Dorfbewohner sind hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig. Etwa 75% der gesamten Bevölkerung sind direkt von der Landwirtschaft abhängig.

Der restliche Teil besteht größtenteils aus kleinen Händlern, Fischern, Tagelöhnern etc., die in ähnlicher Arbeit tätig sind, d.h., sie betreiben eine Art von Subsistenz­wirtschaft in dem sie unter anderem auch ihre Arbeitskräfte verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Es gibt aber auch eine kleine Gruppe von Bengalen, deren Reichtum in Politik, der höherer Verwaltung und der Wirtschaft begründet ist, die also der sogenannten oberen Schicht angehören und denen es im Leben so gut wie an nichts fehlt. Näher betrachtet kann man überall eine unsichtbare „Berliner Mauer“ erkennen. Diese Mauer wurde gebaut, um die Armen zu isolieren, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, ein Loch in die Mauer zu schlagen.[3]

1.3.    Einkommen und Ausgaben

Der Arbeits- und Beschäftigungsmarkt in Bangladesch ist mit der hohen Bevölkerungszahl und ungünstigen volkswirtschaftlichen Lage mehr als überfordert. Einerseits kann das Land bzw. die volkswirtschaftliche Situation der Nation nicht genügend Arbeitsplätze bieten, andererseits ist das Einkommen der Menschen, die mit viel Glück und Fleiß ihre Beschäftigung fortsetzen können, so gering, daß sie den größten Teil des Einkommens für die allernötigsten Ausgaben verwenden müssen. In dieser Situation hat man kaum eine Ersparnismöglichkeit, und dieses bedeutet eine geringe Kapitalbildung und folglich auch eine Einschränkung von Investitions-möglichkeiten.

Die folgenden Daten können dazu dienen, sich ein Bild von den Einkommens- und Ausgabenverhältnissen der Menschen in Bangladesch zu machen.

Tabelle 1:        Tageseinkommen verschiedener Kategorien industriell Beschäftigter, 1994[4]

Category Tk. US $ GB £ DM
Cotton (Skilled) 59,25 1,66 0,92 2,64
Textile (Unskilled) 46,05 1,29 0,72 2,05
Jute (Skilled) 58,23 1,63 0,91 2,59
Jute (Unskilled) 45,78 1,28 0,71 2,04
Matches (Skilled) 57,96 1,62 0,90 2,69
Matches (Unskilled) 44,88 1,26 0,70 2,00
Fitter (Skilled) 75,21 2,11 1,17 3,35
Fitter (Unskilled) 53,54 1,50 0,80 2,39
Turner (Skilled) 68,70 1,92 1,07 3,05
Turner (Unskilled) 51,29 1,44 0,80 2,29

Tabelle 2:        Ausgaben der bengalischen Familien[5]

1.4.      Kinder als Familienversicherung

Wie in den meisten Entwicklungsländern werden auch in Bangladesch die Kinder häufig als eine wichtige zusätzliche Einkommensquelle und Altersversicherung der Familien betrachtet.

Wenn man mit einem offenen Ohr über einen bengalischen Basar geht, kann man einen bettelarmen, aber kinderreichen Vater argumentieren hören, warum er ein bettelarmer, aber kinderreicher Vater ist. Er ist davon überzeugt, daß ihm sein Kind schon nach wenigen Jahren bei der Arbeit helfen kann oder er die Arbeitskraft einfach verkaufen kann; somit ist das Kind für ihn und seine Familie eine zusätzliche Einkommensquelle und Familien- und Altersversicherung. 25% (3 Millionen) der 10 bis 14jährigen Kinder in Bangladesch arbeiten[6].

Solange Kinder nur eine zusätzliche Einkommensquelle sind und als Familien- und Altersversicherung angesehen werden, besteht für sie kaum die Möglichkeit einer Schulausbildung. Wenn der Vater bei der Arbeit auf die Hilfe seines Kindes angewiesen ist, um produktiver oder überhaupt arbeiten zu können, ist es nicht realisierbar, daß das Kind regelmäßig die Schule besuchen kann, obwohl Grundschule bis zur 5. Klasse in Bangladesch kostenlos und Pflicht ist.

Dennoch müssen die Menschen auch mit schlechteren Zeiten, z.B. durch Unfall, Krankheit und Alter, rechnen. Auch in dieser Situation muß die Absicherung der Familie gewährleistet sein. Darum fühlt man sich in einem Sozialsystem, in dem keine allgemeine staatliche Versicherung existiert sehr unsicher, wenn man nicht genug Kinder hat, die unter diesen Umständen die Verantwortung und somit die Rolle der staatlichen Versicherung übernehmen können. Dieses läßt einige Gründe erkennen, weshalb in Bangladesch die Statistiker durchschnittlich 5,5 Kinder pro Familie[7] zählen können.

III.      Die NGOs in Bangladesch

2.         Die NGOs als Armutsbekämpfungsmaßnahme

Die Armutsbekämpfung durch NGO Aktivitäten ist heute weltweit nicht nur eine aktuelle Maßnahme, sondern in den sogenannten Ländern der Dritten Welt vielleicht auch notwendig, vor allem dort, wo die GOs (Regierung) aufgrund bestehender bzw. wachsender politischer, finanzieller und technischer Probleme nicht in der Lage sind, ihre Entwicklungsprogramme konsequent durchzusetzen. In vielen dieser Länder haben die NGOs, mit unterschiedlichem Erfolg in der entwicklungspolitischen Frage eine große Rolle gespielt.

Die NGOs haben die Herausforderung angenommen Armutsbekämpfung als die wichtigste, aber auch gleichzeitig eine der schwierigsten Aufgaben zu bewältigen, um damit den Menschen in der Dritten Welt ein menschenwürdigeres Leben zu ermöglichen. Die NGOs in einem klassischen armen Land der Welt, wie Bangladesch, haben bis heute Dutzende von Konzepten und Strategien entwickelt, um den Menschen eine Chance zu bieten, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen und somit die eigene sozio-ökonomische Situation zu verbessern. Sie wollen mit besten Willen dort den Kampf gegen die Armut aufnehmen.

2.1.      Entstehung und Entwicklung von NGOs

Anfang der 70er Jahre, nach dem Unabhängigkeitskrieg, entstanden in Bangladesch viele NGOs, die sich dann auch sehr schnell verbreiteten. Sie wollten zunächst dabei helfen, die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen, die Infrastruktur und die am Boden liegende Wirtschaft des kriegszerstörten Landes (siehe 1.1.) wieder aufzubauen. Weitere Ziele waren Armutsbekämpfung, Förderung ländlicher Gebiete, Familienplanung, Förderung der Frauen und Kinder, Wiederaufbau und Förderung von Genossenschaften auf dem Dorf und in den Elendsgebieten. In den letzten Jahren entwickelten sich die NGOs in Bangladesch als eine Art Instrument der Armutsbekämpfung.

2.2.      Eintragung und Organisation

Etwa 13.000 NGOs sind zur Zeit in Bangladesch tätig[8]. Seit Erlaß der „The foreign donations (voluntary activities) ordinance“ 1978 müssen alle Organisationen, die von einer ausländischen (Hilfs)organisation entweder direkt oder indirekt, geleitet oder unterstützt werden, im NGO bureau eingetragen werden. Der Rest, der keinerlei Unterstützung aus dem Ausland erhält, wird durch die „social welfare and women affairs“ eingetragen[9].

Die Zahl der beim NGO bureau eingetragenen Organisationen beträgt 632, davon werden über 100 direkt von ausländischen Organisationen geleitet, die anderen erhalten normalerweise „bedingte“ Unterstützung, hauptsächlich finanzieller Art. Nach dem Gesetz von 1978 gehört das NGO bureau direkt zum Staatsoberhauptsamt, z.B. jetzt zum Amt des Ministerpräsidenten. Die „social welfare and women affairs“ ist ein selbständiges Ministerium, das aber wie alle anderen Ministerien direkt zum Staatsoberhauptsamt gehört. Damit eine NGO eingetragen werden kann bzw. für die Prüfung ihrer Eintragung müssen vollständig die angestrebten Ziele und Aktivitäten der NGO den jeweiligen zuständigen Behörden oder Ämtern angegeben werden. Die zugelassenen Organisationen müssen i.d.R. alle drei Monate die (Rechnungs)beläge für Ausgaben und Einnahmen bei den zuständigen Behörden und oder Ämtern einreichen.

2.3.      Unterstützung und Finanzierung

Die Unterstützung und Finanzierung der NGOs in Bangladesch muß zwischen rein einheimischen und ausländischen bzw. von dem Ausland geförderten Organisationen unterschieden werden. Rein einheimische Organisationen, die keinerlei Unterstützung aus dem Ausland erhalten, finanzieren ihre Projekte durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und staatliche Förderung wie z.B. sehr günstige Kredite der staatlichen Entwicklungsprogramme etc.

Diese Organisationen kommen mit freiwilliger und ehrenamtlicher Arbeit der Mitglieder und sehr geringen Transaktionskosten aus. Sie führen i.d.R. örtlich begrenzte kleinere Projekte durch und sind damit regionale Organisationen. Mit knappen Finanzmitteln können die rein einheimischen NGOs keine landesweiten Projekte durchsetzen. Trotzdem konnten manche Organisationen in der entwicklungspolitischen Bewegung einen bedeutenden Beitrag leisten.

Es gibt aber auch NGOs, die eigentlich bengalische Organisationen sind und die von verschiedenen Organisationen und Institutionen finanzielle Unterstützung erhalten. Ihre Finanzquellen sind hauptsächlich die industrialisierten reichen Länder und Organisationen wie die UNO, Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank etc. Solche finanziell gesicherten Organisationen können landesweit Megaprojekte durchführen.

Die Ausstattung der aus dem Ausland unterstützten NGOs in Bangladesch scheint kaum unter dem Finanzierungsproblem zu leiden.

Die ausländischen NGOs in Bangladesch haben im Finanzjahr 1990-91 ca. 149.375.000 DM und 1991-92 ca. 164.193.000 DM ausgegeben, davon 80% für ausländische Berater, Experten, Dienstleistungen, Bürokratie, Maschinen, Unterbringung, Transporte usw., 15% für einheimische Mitarbeiter, und 5% wurden für die „Target group“ ausgegeben[10].

IV.      Fallbeispiel

3.       Bangladesh Rural Advancement Committee

3.1.    Entstehung und Entwicklung

Als der Staat Bangladesch 1971 nach einem kurzen aber bitteren Unabhängigkeitskrieg gerade aus der Taufe gehoben wurde, war das Land total zerstört. Zahlreiche Menschen hatten ihr letztes Hab und Gut verloren, viele konnten nicht mehr von ihrer Flucht nach Hause zurückkehren, weil es für sie kein Zuhause mehr gab. Dadurch kam es auch zum sog. „Local Displacement“. In dieser Notsituation, als Hilfe für die Menschen dringend notwendig war, wurde diese auch von wohlhabenden Bengalen erkannt.

Durch deren Initiative wurde 1972, ein Jahr nach der Unabhängigkeit, das Bangladesh Rural Advancedment Comitee“ (BRAC) von Privatleuten gegründet, um den Kriegsflüchtlingen zu helfen. Seitdem arbeitet BRAC mit umfangreichen Entwicklungskonzepten, wie etwa in den Bereichen Familienplanung- und Gesundheit, Ausbildung und ländliche Entwicklung. Es ist damit auch die größte NGO Bangladeschs[11]. Das BRAC Operationsgebiet umfaßt etwa 26.000 Dörfer oder mehr als 1 Million Menschen in Bangladesch.

3.2.      Zielgruppe

Im Laufe der Zeit, als die Flüchtlingsprobleme bewältigt waren, hatte man sich überlegt „wem“ und „wie“ weiter geholfen werden könnte, um eine dauerhafte Lösung der Armut und der gesellschaftlichen Entwicklungsprobleme zu finden. Es wurden Maßnahmen ergriffen, die die Armut nicht unbedingt ganz beseitigen, sondern helfen, sie zumindest einzudämmen.

Vier Jahre nach der Annahme dieser Herausforderung, zur Verbesserung der sozio- ökonomischen Situation der Menschen in Bangladesch, wurden als Anwort auf die Frage, „wem geholfen werden muß“, von der BRAC 1976 Strategien entwickelt, die speziell auf die Armen ausgerichtet sind[12]

BRAC nimmt auf diese Weise die führende Rolle der zielgruppenorientierten NGOs in Bangladesch ein. Die Gruppe, die die BRAC in erster Linie erreichen will, besitzt weniger als 0,5 acre (1 acre = 0,4 Hektar) Land, und kann als „Functionally Landless“ bezeichnet werden. Außerdem ist das Vermögen, das sie besitzen, auch sehr gering. Der Durchschnittswert solcher Vermögen der BRAC Mitglieder liegt bei ca. Tk. 320[13]. Die Frauen werden von BRAC als besondere „Target Group“ gezielt gefördert, vielleicht auch deswegen, weil „sie doppelt benachteiligt sind, als Mitglied eines armen Haushaltes und als Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft“[14].

3.3.    Programme

Durch verschiedene Programme soll vor allem die „Ermächtigung“ der Ärmsten der Armen gefördert werden und erst dann soll es möglich sein, gegen die Entwicklungsprobleme besser vorzugehen. BRAC verfolgt ein sehr umfassendes Programm, um ihre Entwicklungsstrategie, „Human Development“ zu realisieren. „…Wir müssen uns auf bestimmte „Human Development Services“ konzentrieren, wie die Bereitstellung von Ausbildung, bessere Gesundheitsversorgung und ländlichen Entwicklung[15].

So konzentriert sich BRAC hauptsächlich auf die Bereiche Ausbildung, Gesundheit und Familienplanung und ökonomische Aktivitäten, weil die obigen Bereiche in entwicklungspolitischen Fragen miteinander wie in einer Kette verbunden sind. Nur durch die Beseitigung eines einzelnen Problems läßt sich kaum ein positives Ergebnis erreichen.

Die wichtigsten Programme der BRAC sind:

i)            Non Formal Primary Education Programme (NFPE)

ii)           Women’s Health and Development Programme (WHDP)

iii)          Rural Development Programme (RDP)

3.3.1. Ausbildungsprogramm

Die Ausbildung wurde von der BRAC als ein wichtiges Element der Entwicklung bezeichnet. Sie ist davon überzeugt, daß kein Land sich jemals ohne Bildung entwickeln kann. In Bangladesch haben nur 34% der Bevölkerung eine Schulausbildung. Außerdem gibt es im Moment etwa 17 Mio. Kinder zwischen 6 und 10 Jahren, die zur Schule gehen sollten, aber nur 12 Mio. davon haben einen gesicherten Schulplatz[16], obwohl die 5jährige Grundschulbildung in Bangladesch kostenlos und Pflicht ist! In dieser Situation hat BRAC auf die Ausbildungslage der Nation Wert gelegt und dementsprechende Maßnahmen ergriffen. Ihre Ausbildungsmaßnahmen sind eine Ergänzung zu den Ausbildungsprogrammen der Regierung. Das ist aber keine Alternative oder Substitution zu der „Formal Primary Education“, die von der Regierung gefördert wird.

Nach einem Studienbericht, der sich unter anderem nach den Interessen der Eltern, der Motivation der Dorfelite, religiösen und politischen Vertretern, vorhandenen Mitteln wie z.B. Lehrer, Schüler, etc. in einem Dorf richtet, wird der Ort für die Schule gewählt. Um sicher zu stellen, daß die BRAC Schulen keine Konkurrenz, sondern komplementär zu den Ausbildungsprogrammen der Regierung sind, wird eine Liste von interessierten Kindern an die Nachbarschulen geschickt, um zu überprüfen, ob die aufgelisteten Kinder entweder die Schule verlassen haben oder nie in einer Schule eingetragen worden waren.

BRAC hat Grundschulmodelle für zwei verschiedene Altersgruppen der Kinder der ärmsten Familien in Bangladesch entwickelt. Das 3jährige „Non-Formal Primary Education (NFPE) model“ für Kinder von 8 bis 10 Jahren, die nie in die Schule gegangen sind oder schon in der 1. Klasse aufgehört hatten, wurde 1985 aufgenommen. Das „Primary Education for Older Children (PEOC) model“ für die Altersgruppe zwischen 11-16 Jahre, die nie eine Schule besucht hatten, wurde 1988 aufgenommen. Sowohl Unterricht, Bücher, als auch andere Schulmaterialien, bekommen die Schüler kostenlos. Ein Stundenplan für die Schüler wird durch Diskussion mit den Eltern und Lehrern erstellt, unter Berücksichtigung der erforderlichen Saisonarbeit und sonstigen Notwendigkeiten, da die meisten Kinder von sehr armen Familien kommen und der Familie bei der Arbeit helfen müssen. Im Moment leitet BRAC 22.000 Schulen mit 670.000 Schülern. Eine Erweiterung des Programmes auf 3,3 Mio. Schüler und 100.000 Schulen in Bangladesch ist bis 1998 vorgesehen[17] Frauenförderung im BRAC Ausbildungsprogramm wird groß geschrieben. Mindestens 70% der Schüler und 80% der Lehrer in den BRAC-Schulen sind Frauen.

3.3.2. Gesundheitsprogramm

In Bangladesch haben nur 40% der Bevölkerung Zugang zu dem „Primary Health Care“. Die Kindersterblichkeit bezifferte sich 1993 auf 133/1000 und 50% der Neugeborenen wegen weniger als 2.500g bei der Geburt.

Aufgrund dieser Situation hat BRAC im Gesundheitsbereich und der Familienplanung Maßnahmen ergriffen, um die Gesundheit und den Ernährungsstatus der Frauen und Kinder zu verbessern. Die Frauenförderung wird in diesem Gesundheitsprogramm als die wichtigste Komponente betrachtet.

Die BRAC Gesundheitszentren bilden zunächst Frauengruppen, die über die Gesundheitserziehung, z.B. über die Notwendigkeit und Vorteile der Hygiene, über gesunde und richtige Ernährungsgewohnheiten und die Überwachung der Entwicklung des Gesundheitszustandes der Kinder beraten werden.

Eine Beratung erfolgt auch im Bereich der Familienplanung, wie z.B. über Verhütungsmittel, sowie über ökonomische-, gesellschaftliche- und private Vorteile der Kleinfamilie. BRAC führt diese Programme nicht nur in den Gesundheitszentren, sondern auch in den Vororten durch. Sie besuchen die Gruppenmitglieder z.B. zu Hause. Bis 1993 sind 1.876.774 Haushalte oder 12.668.751 Mitglieder von diesem Programm erfaßt worden.

Die schlechte sozio-ökonomische Lage in Bangladesch wird unter anderem auch durch die hohe Bevölkerungswachstumsrate verursacht. Die allgemein schlechte Gesundheitsfürsorge, hohe Kindersterblichkeit etc. sind im Gesundheitsbereich die Indikatoren dafür.

3.3.3.   Rurale Entwicklungsprogramme

Rural Development Programm (RDP) ist das ländliche Entwicklungsprogramm des BRAC. Durch dieses Programm wird versucht, eine lebensfähige und eigenständige Kreditinfrastruktur zu entwickeln. Das Gebiet, in dem die RDP-Basis geschaffen wurde, wird an das Rural Credit Programme (RCP) mit seinem Kredit- und Einkommensgenerationsprogramm übergeben.

Das RDP besteht aus drei verschiedenen Komponenten:

a)         Aufbau der Institution

b)         Kreditoperation und

c)         Einkommensgenerierungsprogramm

Im März 1991 zählte  das Rural Development Programme (RDP) mehr als 310.000 Mitglieder, die zu etwa zwei Dritteln aus Frauen bestanden. Zur selben Zeit hatte das Rural Credit Programme (RCP) ca. 191.000 Mitglieder mit nahezu gleichem Frauenanteil wie das RDP. Der Anteil der weiblichen Mitglieder bei der Kreditvergabe lag dabei jeweils etwa bei 63%[18]

3.3.3.1.     Organisation und Management

q      Das vom Programm umfaßte Gebiet wird zunächst in verschiedene Regionen unterteilt. In jeder Region wird ein Bündel von Area Offices (AO) gegründet.

q      Jede AO Aktivität wird von einem Area Manager, 3 – 4 Programme Organisers (POs), einem Accountant, und 10 – 12 Programme Assistance (PAs) geleitet.

q      Die POs und PAs leiten die Kredite und helfen bei der Sektor Programmförderung.

3.3.3.2.  Beschreibung der Komponenten

Das oberste Ziel der RDP ist, eine „variable grassroot organisation“ für die Landlosen zu entwickeln. Hierbei wurden folgende Schritte verfolgt:

a)         Aufbau der Institution

Einer der wichtigsten Aspekte der RDP Strategien ist, dabei zu helfen, eine Village Organisation (VO) zu gründen und den Aufbau der Ressourcen der Mitglieder durch Ersparnisse sowie Ausbildung und Schaffung sozialen Bewußtseins der Mitglieder mittels „Gruppenmeetings zu fördern“.

Village Organisations (VO): In einer neuen Region führen die POs zunächst eine Studie durch, um die Haushalte zu identifizieren, die als „Target Households“ in das Programm aufgenommen werden können. Dann werden mit den Mitgliedern der Haushalte Diskussionen geführt, um ihre Probleme zu erkennen und festzustellen, um somit potentielle Lösungen zu analysieren bzw. zu finden. Die Zahl der VOs in einem Dorf ist von der Zahl der Einwohner abhängig. Die Mitgliederzahl einer solchen VO beträgt minimal 20, und maximal 55 Personen. Die Mitgliedschaft ist auf eine Person pro Familie beschränkt.

Jede VO ist in verschiedene kleine Gruppen zu unterteilen, die aus jeweils 5 Mitgliedern bestehen. Nach Gründung einer Gruppe wird ein/e Sprecher(in) gewählt, (die)der nun mit dem gewählten Management Committee (MC) der VO verhandelt und sich davor zu verantworten hat. Das Management Committee besteht aus einem Vorsitzenden, einem Assistenten, einem Schatzmeister und 5-7 Mitgliedern, die das Haupt- und Protokollbuch führen. Die Positionen in dem MC werden jedes Jahr neu gewählt bzw. ausgetauscht.

Savings: Nach der Gründung der Village Organisation spart jedes Mitglied mindestens einen Betrag von Tk. 2 pro Woche. Im Laufe des Jahres 1993 wurden von den VO-Mitgliedern Tk. 184.610.940 infolge der wöchentlichen Ersparnisse und insgesamt ein Betrag (einschließlich anderer Ersparnisse) von Tk. 305.281.193 gespart.

Das ist eine systematische Förderung von Spargewohnheiten und damit die Schaffung kleinster Ressourcen der Mitglieder. Es ist nicht nur die Gründung einer finanziellen Basis der Armen, sondern auch die Möglichkeit, sich seiner Fähigkeiten bewußt zu werden. So lernen sie, an ihr eigenes verstecktes Potential und ihre Dynamik zu glauben. Ein „Group Trust Fund“ wird durch 4%ige Abzüge aller vergebenen Kredite generiert.

Social Awareness Education (SAE): Das ist ein einmonatiger Kurs, der die VO-Mitglieder über ihre gesellschaftlichen und privaten Rechte und Pflichten aufklärt. Die Mitglieder werden auch für ihre eigene Kreativität und Intelligenz als ein Instrument der Veränderung sensibilisiert.

Group Meetings: Jede Woche treffen sich die VO-Mitglieder, um über die Kredite, Ersparnisse und andere Angelegenheiten, die ihr Leben beeinflussen, zu diskutieren. Außerdem werden in einem zweiwöchigen Treffen die lokalen, sozialen und finanziellen Probleme diskutiert. Solche regelmäßigen Treffen bieten die Möglichkeit, die Innenbeziehungen der Gruppen und die gesellschaftliche Lage näher zu überwachen. Dies stellt eine erhöhte soziale Kontrolle dar.

Life Insurance: Nach einem Jahr VO-Mitgliedschaft wird jedes Mitglied in eine Lebensversicherung aufgenommen. Die Versicherung wird durch 1%ige Abzüge aller Gruppenkredite finanziert. Nach dem Tod des Mitgliedes wird eine Summe von Tk.5.000 an den eingesetzten Begünstigten ausgezahlt. Das System spielt eine bedeutende Rolle in dem Fall, daß der Tod die einzige Einkommensquelle der durch die Lebensversicherung Begünstigten ist. Das Geld kann dann für produktive Zwecke verwendet werden und damit die zusammengebrochene finanzielle Lage z.B. der Familie erleichtern.

Training: Die Village Organisation wählt 5 besserqualifizierte und interessierte Mitglieder für ein Training über „Human Development, Planning and Management“ aus.

Gegenstand des Trainings ist:

ð    Steigerung des Selbstvertrauens der Gruppenmitglieder in ihre eigenen Fähigkeiten und die Erkennung von eigenen Problemen sowie von potentiellen Lösungsansätzen

ð    Entwicklung der Planung und Managementkapazität

ð    Förderung der Führungskapazität

ð    Vorstellung neuer Technologien und neuen Wissens, sowie dementsprechende Ausbildung

1993 bekamen 215.882 VO-Mitglieder ein solches Training.

b)         Kreditoperation

Die BRAC Kreditprogramme sind ein sehr bedeutender Teil ihrer ruralen Entwicklung im ländlichen Bangladesch. Die Ärmsten der Armen in ländlichen Gebieten, die sich in einer finanziellen Situation befinden, die kaum auch nur die kleinste Investition zuläßt, sollen durch diese Kreditprogramme gefördert werden, damit sie die Möglichkeit haben, produktiv arbeiten zu können. Das Ziel der Kreditprogramme ist „Empowerment of the Poor“, um ihnen so die Chance zu geben, aus eigener Intelligenz und Kreativität heraus produktiv zu sein und so zumindest die finanzielle Situation in der Familie zu verbessern[19].

Das Kreditprogramm der BRAC unterstützt die VO-Mitglieder, um finanziell selbständig zu werden. Es bietet bürgschaftsfreie Kredite, die durch wöchentliche Tilgung zurückgezahlt werden. Die Rückzahlungsqoute liegt bei 98%.

BRAC Kredite werden bevorzugt vor allem an einzelne Mitglieder, teilweise aber auch noch an Gruppen für gemeinschaftliche Investitionen vergeben[20]. Um am BRAC Kreditprogramm teilnehmen zu können bzw. um die Kredite zu erhalten, sind sachliche Vermögenssicherheiten nicht erforderlich, einige Bedingungen müssen jedoch erfüllt werden[21].

ð      Teilnahme an einem SAE Kurs

ð      Regelmäßige Partizipation an den wöchentlichen Treff

ð      Regelmäßige Sparleistung von Tk. 2

ð      Eine Eigenbeteiligung von mindestens 5% für den ersten, 10% für den zweiten und 15% für den dritten und folgende Kredite

ð      Einlagen in treuhänderische und Versicherungsfonds der Gruppen

ð      Die Zustimmung von mindestens 51% der VO-Mitglieder

Bei Kreditgewährung gelten ferner noch folgende Bedingungen[22]:

ð      5% der Kreditsumme werden in einem Fond als Zwangsersparnis eingezahlt, woraus wiederum Kredite vergeben werden

ð      Der Zinssatz beträgt 16%[23]

ð      Rückzahlungsraten sind wöchentlich zu begleichen

1991 kamen noch folgende Auflagen hinzu[24]:

ð      Die maximale Kreditdauer beträgt nunmehr grundsätzlich 1 Jahr

(bei Krediten für Gemeinschaftsunternehmungen und zum Hausbau weiterhin 5 Jahre)

ð      Kein Schuldner darf mehr als zwei laufende Kredite gleichzeitig haben

ð      Es dürfen nicht mehr als zwei Mitglieder eines Haushaltes BRAC- Kredite erhalten

ð      Vorzeitiges Entrichten von Rückzahlungsraten ist nicht möglich; wird die Restschuld auf einmal beglichen, so kann der Schuldner nicht sofort einen neuen Kredit erhalten

ð      Die Kredithöchstsumme beträgt für den ersten Kredit eines Mitglieds Tk. 3.500, für den zweiten Tk. 5.000, für den dritten und alle nachfolgenden Kredite Tk. 7.000.

Das Minimum der Kreditsumme beziffert sich auf Tk. 500 und maximal Tk. 7.000 pro Mitglied. Die Hausbaukreditsumme bewegt sich zwischen Tk. 2.500 und Tk. 6.000.

BRAC vergibt Kredite im Rahmen eines Dienstleistungsbündels, z.B. neben der Gruppenformation und der Förderung des „Human Development“ aus materieller Unterstützung in den Bereichen Technik, Logistik und Marketing sowie für Trainingsprogramme zur Erlernung fachlicher und ökonomischer Kenntnisse[25].

Wenn eine Gruppe einen gewissen sozio-ökonomischen Entwicklungsstand erreicht hat, sollen deren Mitglieder für bestimmte Leistungen nach und nach die Kosten decken[26]. Diese ‘Withdrawl Strategy’[27] soll den Mitgliedern ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von BRAC verschaffen[28] und die ökonomische Tragfähigkeit der eigenen Organisation und der VO sichern[29]

Es gibt drei Typen von Krediten:

ð      Allgemeine Kredite

ð      Programmkredite und

ð      Hausbaukredite

Alle drei Kredittypen sind weiter unterteilbar in:

ð      Kurzfristige          (Rückzahlung in 1 Jahr)

ð      Mittelfristige         (Rückzahlung in 3 Jahren)

ð      Langfristige          (Rückzahlung in 5 Jahren

oder innerhalb der Programmdauer)

c)         Einkommensgenerierungsprogramm

Die Erfahrung zeigt, daß Kredite alleine nicht ausreichen, um gegen die Armut zu kämpfen. Sie dienen vielmehr dazu, den Kapitalbedarf an Investitionen zu decken. Die Kredite schaffen aber nicht unmittelbar das Einkommen der Mitglieder, sondern bieten die Möglichkeit, bei entsprechenden Rahmenbedingungen, die mit Hilfe der Investitionen erzeugten Güter und Dienstleistungen vermarkten und absetzen zu können. In diesem Prozeß spielen Erfahrungen in der ökonomischen Tätigkeit, unternehmerische Fähigkeiten sowie die Management- und Führungskapazität, technisches Wissen usw. der Mitglieder eine entscheidende Rolle. Erst dann, wenn diese Rahmenbedingungen für die Kredite geschaffen worden sind, kann ein höheres Einkommen erzielt werden. Deswegen ist es notwendig, im Bereich der Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu expandieren.

BRAC Kredite, Training und technische Ausbildung sind auf die Generierung der Einkommensverbesserung und Beschäftigungsmöglichkeiten ausgerichtet. Je nach Bedarf und Qualifikation der Mitglieder wird in verschiedenen Sektoren das Programm geplant und durchgesetzt. Bei der Sektorwahl werden unter anderem vorhandene Mittel und ihre ökonomischen Nach- und Vorteile genau überprüft.

V.        Abschließende Wertung

4.         Problemstellung

In der entwicklungspolitischen Frage in Bangladesch ist die Rolle der NGOs heute ein zentrales Thema. In der Diskussion taucht immer wieder die Kernfrage auf, ob die NGOs ein Modell der Armutsbekämpfung sein können, das die Herausforderung der ländlichen Entwicklung in Bangladesch übernehmen kann. Hierüber vertreten die Experten sehr unterschiedliche Standpunkte:

4.1.      Die Argumente

4.1.1.   Kontra

Die NGOs haben durch ihre Aktivitäten eine Abhängigkeitsmentalität entwickelt, die häufig deutlich spürbar ist. Es fehlt die Führungspersönlichkeit der Mitglieder. Abhängigkeit besteht in dem Sinne, daß sich die Mitglieder durch Betreuung und Unterstützung der NGOs daran gewöhnt haben, Entwicklungsprogramme von der NGO-Führung geplant und organisiert zu bekommen. Theoretisch arbeiten die NGOs jedoch daran, die Mitglieder zur Selbständigkeit zu führen.

Die Vorstellungen von der Nachhaltigkeit der NGO Programme und die Realisierung in der Praxis klaffen weit auseinander.

Es gibt Beispiele in Bangladesch, die die Mängel vor allem in Bezug auf die Selbständigkeitsmentalität bzw. die Führungspersönlichkeit nach Ablauf der Projektdauer zeigen. Die Gruppen konnten nicht mehr zusammengehalten werden. In den meisten Fällen bieten die Einkommensgenerierungsprogramme der NGOs für die Mitglieder sehr begrenzte Chancen für eine dauerhafte Reinvestitionsmöglichkeit. Das Prinzip des nachhaltigen und gesunden Wachstums der Wirtschaft ist nicht erfüllt.

Die NGO Einkommensgenerierungsaktivitäten durch die Kreditprogramme in den ländlichen Gebieten als Teil der finanziellen Ermächtigung der Armen, verfügen nicht über das Potential, das Vermögen zu generieren und damit eine wesentliche Veränderung in der nationalen Ökonomie zu erreichen; sie können aber vielleicht die Menschen vor dem Verhungern schützen[30]

Die finanzielle Förderungen der NGOs ist meist sehr gering. Durch die Kreditsumme die ihre Mitglieder erhalten, können nur die kleinsten Investitionen realisiert werden, die oft nur einen Teilbedarf der erforderlichen Finanzmittel für eine Investition decken, die so nicht kontinuierlich wachsen können.

Die unvollständige und unzureichende Förderung durch die NGOs kann die Armut in der Dritten Welt kaum überwinden, sondern nur dabei helfen, den jetzigen Status aufrecht zu erhalten[31]

4.1.2.   Pro

Durch verschiedene Programme haben die NGOs in vielen Fällen dazu beigetragen, ihren Mitgliedern eigene Potentiale und Dynamiken bewußt zu machen. Die Menschen, die kaum an ihre eigene Fähigkeit eine aktive Rolle in der Familie und Gesellschaft zu spielen geglaubt haben, wurden von den NGOs stark gefördert. In den Bereichen Ausbildung, Gesundheits- und Familienplanung sowie bei ländlichen Kreditprogrammen haben die NGOs klare Zeichen für eine Entwicklung gesetzt. In der ländlichen Entwicklung, vor allem in der „ländlichen Kreditkultur“ in Bangladesch wurde insofern eine Neuheit geschaffen, als daß die frühere sachliche Sicherheit als Kriterium der Kreditwürdigkeit durch Gruppensolidarität, Innergruppenkontrolle und Übernahme von gegenseitiger Verantwortung etc. nahezu verdrängt wurde.

Dieses hat für die Ärmsten der Armen den Zugang zu Krediten und damit auch Investitionen, Produktion und Vermarktung relativ erleichtert. In der Entwicklung der sozio-ökonomischen Bedingungen, insbesondere in Ländern wie Bangladesch, haben die NGOs eine bestimmte Rolle zu spielen. Solche Organisationen können schnell und nah an den Problemen der Menschen handeln, diese analysieren und Lösungsansätze finden, wobei die GOs aufgrund der Komplexität ihres Systems und ihrer Bürokratie nicht so schnell und unkompliziert handeln können[32].

4.2.      Schlußbemerkung

Ob und inwieweit die NGOs als ein Modell der Armutsbekämpfung in Bangladesch wirksam eingesetzt werden können; darüber spekulieren die Experten noch, bzw. dürfen noch weiter spekulieren. Aber man darf schon jetzt feststellen, daß die Rolle der NGOs in der entwicklungspolitischen Frage insofern nicht zu unterschätzen ist, als daß die wirtschaftspolitische Lage Bangladeschs im Moment keine Grundlage für notwendige entwicklungspolitische Schritte geben kann[33]. Weiterhin muß noch konkretisiert werden, inwieweit die NGOs ihrer Rolle als Kooperator, Koordinator und Innovator gerecht werden können.

Solange die NGOs gezielt den Bedürfnissen der Zielgruppen entsprechende Programme fördern und dabei die sozio-ökonomischen und wirtschaftspolitischen Bedingungen des Landes in ihre Strategien und Konzepte mit einbeziehen und vor allem auf eine nachhaltige positive Wirkung ihrer Programme hinarbeiten, können sie ihre Rolle in der ländlichen Entwicklung in Bangladesch optimieren.

Literarturverzeichnis

Bangladesh Rural Advancement Committee (1989b): Rural Development Programme (RDP), Anual Report 1989, Dhaka.
ders. (1991a): RDP and RCP Statistical Report March’ 91, Dhaka.
ders. (1991b): Rural Credit Project (RCP), Half Yearly Report June 1991, Dhaka.
Canadian International Development Agency (1985): Rural Development Study, Vol. II, Dhaka.
Haq, Selim Nazrul (1992): Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka. [nur in bengalisch erhältlich]
Holstberg, Christer (1991): Development of Landless Organisations in BRAC’s Rural Development Programme. o. O.
Islam, Safiqul (1990): Credit to the Rural Poor- the BRAC Experience. Paper prepared for the Seminar on „Community Participation, Selfreliance, Development and the Role of NGO“ organised by the          Government of the Republic of Indonesia in Co-operation with the UNDP, held in Jakarta, 30 July – 3 August 1990, Dhaka.
Jahan, Shelim (1992): Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka. [nur in bengalisch erhältlich]
Lee, Elisabeth (1992): Weekly Bichitra, No. 42, Dhaka. [nur in bengalisch erhältlich]
Lovell, Catherine (1989: BRAC: A): How to Define „Self-supporting“ in the BARC Rural Credit Programme, Dhaka.
Raihan, Alam (1992): Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka. [nur in bengalisch erhältlich]
Statistical Pocket Book of Bangladesh 1990, Dhaka.
Yunus, Muhammad (1992): Experiences and Reflection, Grameen Bank, Dhaka.

[1]Vgl.:       Bangladesh Towards 21st Century,Dhaka 1994, S. 78

[2]Vgl.:       Bangladesh Towards 21st Century, Dhaka 1994, S. 78.

[3]Vgl.:       Yunus, M.: Grameen Bank Experiences and Reflection, Dhaka 1992, S. 10.

[4]Vgl.:       Bangladesh Towards 21st Century, Dhaka 1994, S. 87.

[5]Vgl.:       Weekly Bichitra, Dhaka 28 Februar 1992, S. 32. [nur in bengalisch erhältlich]

[6] Vgl.:      Statical Year Book of Bangladesh, Dhaka1990.

[7] Vgl.:      Statical Year Book of Bangladesh, Dhaka 1990.

[8]Vgl.:       Jahan, S.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 18. [nur in bengalisch erhältlich]

[9]Vgl.:       Raihan, A.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 14. [nur in bengalisch erhältlich]

[10]Vgl.:      Raihan, A.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 14. [nur in bengalisch erhältlich]

[11]Vgl.:      Lovell, C.: How to Define „Self-supporting“ in: The BRAC Rural Credit Programme; Dhaka 1989, S. 134.

[12]Vgl.:      Tilakratna, S.: Capacity Building of the Poor: Case Study 3: Capasity Building of the Poor in Bangladesh: The BRAC Experience in: Hrsg. Getubig, I.P.; Shams, M.K.: Reaching Out Effectively; Asia and Pacific Centre, Kuala Lumpur 1991, S. 69.

[13]Vgl.:      Canadian Intenational Develop Agency, in: Rural Development Study, Vol. II, F14, Dhaka 1985.

[14]Vgl.:      Islam, S.: Credit to the Rural Poor, in: The BRAC Experience; Paper prepared for the Seminar on „Community Participation, Self-reliance, Development and the Role of NGO“ organised by the Government of the Republic of Indonesia in Co-operation with the UNDP,         held in Jakarta, 30 July – 3 August 1990, Dhaka 1990, S. 4f.

[15]Vgl.:      Abed, F. H.: Agenda’94: The Task Ahead, in: The Financial Express; Dhaka 29. April 1994, S. 10.

[16]Vgl.:      Abed, F. H.: Agenda’94: The Task Ahead, in: The Financial Express; Dhaka 29. April 1994, S. 10.

[17]Vgl.:      Abed, F. H.: Agenda’94: The Task Ahead, in: The Financial Express; Dhaka 29. April 1994, S. 10.

[18]Vgl.:      BRAC, Hrsg. 1991a, RDP and RCP Statistical Report, Dhaka March 1991, S. 9 u.15.

[19]Vgl.:      Abed, F. H.: Agenda’94: The Task Ahead, in: The Financial Express; Dhaka 29. April 1994, S. 10.

[20]Vgl.:      Holstberg, C.: Development of Landless Organisations in BRAC’s Rural Development Programme, o.O., 1991, S. 18ff.

[21]Vgl.:      Islam, S.: Credit to the Rural Poor, in: The BRAC Experience; Paper prepared for the Seminar on „Community Participation, Self-reliance, Development and the Role of NGO“ organised by the Government of the Republic of Indonesia in Co-operation with the UNDP,         held in Jakarta, 30 July – 3 August 1990, Dhaka 1990, S. 14.

[22]Vgl.:      BRAC, 1991b, Rural Credit Project (RCP), Half Yearly Report, June 1991, Dhaka, S.2 u. 6.

[23] entspricht den des formalen Banksektor in Bangladesch.

[24]Vgl.:      BRAC, 1991b, Rural Credit Project (RCP), Half Yearly Report, June 1991, Dhaka, S.14.

[25]Vgl.:      Lovell, C.: How to Define „Self-supporting“ in: The BRAC Rural Credit Programme; Dhaka 1989, S. 137.

[26]Vgl.:      Islam, S.: Credit to the Rural Poor, in: The BRAC Experience; Paper prepared for the Seminar on „Community Participation, Self-reliance, Development and the Role of NGO“ organised by the Government of the Republic of Indonesia in Co-operation with the UNDP,         held in Jakarta, 30 July – 3 August 1990, Dhaka 1990, S. 21.

[27]Vgl.:      Holstberg, C.: Development of Landless Organisations in BRAC’s Rural Development Programme, o.O., 1991, S. 30.

[28]Vgl.:      Islam, S.: Credit to the Rural Poor, in: The BRAC Experience; Paper prepared for the Seminar on „Community Participation, Self-reliance, Development and the Role of NGO“ organised by the Government of the Republic of Indonesia in Co-operation with the UNDP,         held in Jakarta, 30 July – 3 August 1990, Dhaka 1990, S. 2.

[29]Vgl.:      Holstberg, C.: Development of Landless Organisations in BRAC’s Rural Development Programme, o.O., 1991, S. 29.

[30]Vgl.:      Mustafa, S.: Agenda’94: The Task Ahead, in: The Finanacial Express, Dhaka 29. April 1994, S. 10.

[31]Vgl.:      Jahan, S.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 18. [nur in bengalisch erhältlich]

[32]Vgl.:      Ahmed, M.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 18. [nur in bengalisch erhältlich]

[33]Vgl.:      Haq, S.N.: Weekly Robbar, Vol. XII, No. 44, Dhaka 2. August 1992, S. 17. [nur in bengalisch erhältlich]